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Kühle Köpfe durch grüne Fassaden

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Grüne Wände, kühle Räume: Vertikale Begrünung im Test

Eine Studie zeigt, wie vertikale Begrünung die Innenraumtemperaturen in verglasten Gebäuden senken und zur Energieeinsparung beitragen kann.

Lesedauer: 3 Minuten

Text: ÖIAV Redaktion, Bilder: Elisabeth Leitner

Die Sommer werden heißer, Glasfassaden dominieren die Stadtbilder – und Innenräume heizen sich auf.

Die Lösung liegt nicht nur in energieintensiver Kühlung, sondern auch in passiven Maßnahmen.

Genau das untersucht eine aktuelle Studie am Bürogebäude der Arbeiterkammer Salzburg, welches besonders anfällig für sommerliche Überhitzung ist. Mithilfe von Simulationsmodellen wurde analysiert, wie vertikale Begrünung, Folierung und Sonnenschutzsysteme die Innenraumtemperaturen beeinflussen und welche Ansätze für moderne Gebäude am effektivsten sind.

Elisabeth Leitner gehört zu den Preisträgerinnen des INA-Architekturpreises für ihre Forschungsarbeit zur Wirkung von vertikaler Begrünung auf Innenraumtemperaturen. (Foto: Fanni Bodnar)

Die Herausforderung: Glasfassaden und sommerliche Überhitzung

Moderne Architektur setzt auf Transparenz, doch großflächige Verglasungen haben eine Kehrseite: Sie lassen viel Sonnenwärme ins Gebäudeinnere dringen. Klassische Sonnenschutzmaßnahmen wie Folien oder Jalousien helfen, sind aber nicht immer praktikabel – sei es aus technischen, ästhetischen oder wirtschaftlichen Gründen. Hier kommt die vertikale Begrünung ins Spiel.

Begrünung vs. klassische Sonnenschutzsysteme

In der umfangreichen Simulationsstudie wurden verschiedene Maßnahmen miteinander verglichen:

  • Vertikale Begrünung – sowohl sommergrüne als auch immergrüne Pflanzen als Verschattungselemente.
  • Automatisierte Sonnenschutzsysteme – innen- und außenliegend.
  • Folierte Verglasung – zur Reduzierung des Gesamtenergiedurchlassgrads (g-Wert).

Das Ergebnis: Während klassische Lösungen wie außenliegende Jalousien den Wärmeeintrag effektiv reduzieren, zeigte sich die Begrünung als ebenso konkurrenzfähige Alternative. Besonders die immergrüne Variante, die das ganze Jahr über Schatten spendet, konnte die Innenraumtemperaturen im Sommer um bis zu 6 Grad Celsius senken.

Messbare Vorteile für Behaglichkeit und Energieverbrauch

Ein zentraler Bewertungsmaßstab der Studie ist der „Predicted Percentage of Dissatisfied“ (PPD), der angibt, wie viele Personen das Raumklima als unangenehm empfinden. Ohne Maßnahmen lag dieser Wert in den heißesten Sommerwochen bei nahezu 100 %. Durch eine Kombination aus Begrünung und Folierung konnte er auf unter 10 % gesenkt werden.

Parallel dazu wurde der Heiz- und Kühlbedarf analysiert. Dabei wurde untersucht, ob durch den Einsatz eines optimalen Heiz- und Kühlsystems im Vergleich zur bestehenden Haustechnik eine weitere Reduktion des PPDs möglich ist.

Anwendungsfall: Begrünung in Bestandsgebäuden

Die Studie untersuchte einen spezifischen Fall: den großflächig verglasten Konferenzraum im Bürogebäude der Arbeiterkammer Salzburg. Hier zeigte sich, dass mit einer vollflächigen, immergrünen Begrünung die Zahl der Überhitzungsstunden in der Gesamtjahresbetrachtung um über 50 % reduziert werden konnte – eine signifikante Verbesserung ohne zusätzlichen Energieeinsatz für aktive Kühlung oder aufwendige Anpassungen der Gebäudetechnik.

Fazit: Mehr Grün für ein besseres Stadtklima

Die Ergebnisse unterstreichen, dass passive Maßnahmen eine entscheidende Rolle für das Gebäudeklima spielen. Neben der direkten Wirkung auf Innenräume trägt Begrünung auch zur Reduktion des urbanen Wärmeinseleffekts bei und verbessert das Mikroklima rund um das Gebäude.

Angesichts steigender Temperaturen und wachsender Anforderungen an nachhaltiges Bauen sind vertikale Begrünungssysteme eine ernstzunehmende Alternative zu herkömmlichen Verschattungstechniken – und ein Beitrag zu zukunftsfähiger Architektur.

Die vollständige Studie mit allen Simulationsergebnissen und detaillierten Analysen kann auf Anfrage per E-Mail zur Verfügung gestellt werden: eleitner.smcb-m2023@fh-salzburg.ac.at

Der Beitrag Kühle Köpfe durch grüne Fassaden erschien zuerst auf OIAV – Österreichischer Ingenieur- und Architektenverein.


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